Dienstag, 31. Januar 2012

Preisbindung gilt nur für Kunden, nicht für Buchhändler

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Wird die Buchpreisbindung wieder eingeführt, hat ein Buch einen bestimmten, vorgegebenen Preis. Dieser wird vom Verlag vorgeschrieben. Es ist verboten, Rabatte zu gewähren. - Ausser man ist Buchhändler.

Das Wetter in den Skiferien ist lausig, kein Hund geht vor die Tür. Spätestens am dritten Tag mag man nicht mehr fernsehen, es gelüstet einen nach einem spannenden Krimi in Buchform.

Rabatt an normale Kunden verboten
Die lokale Buchhandlung freut sich über das Wetter und hat die Regale gefüllt (wahrscheinlich mit Bestsellern, weil die Kundschaft lieber King als Hürlimann liest). Auch wenn sich die ganze Familie mit Büchern eindeckt, es bringt nichts, nach einem Familienrabatt zu fragen. "Ist leider nicht erlaubt", wird der Buchhändler sagen, mit einem eingeübten Tonfall, der meint "Ich würde ja gerne, wenn da nicht die Buchpreisbindung wäre." Tatsächlich freut er sich darüber, keine Preise kalkulieren zu müssen.

Kollegenrabatt (10%) erlaubt
Wenn dieser Buchhändler nun aber selber in die Ferien geht und unerwartet schlechtes Wetter vorfindet, was tut er dann? Er geht in die lokale Buchhandlung, sucht sich ein Buch aus und geht zur Kasse. Dort fragt er nach Kollegenrabatt. Diesen Rabatt von 10% gewähren sich Buchhändler gegenseitig. Das zeigt, dass Buchhändler die Buchpreisbindung nur cool finden, wenn sie damit ihren Kunden das Geld aus der Tasche ziehen können. Sobald sie selber zu Kunden werden, finden sie sie uncool.

Ich habe viele Jahre im Buchhandel (Zwischen- und Endhandel) gearbeitet. Ich kenne das Geschäft und weiss deshalb, weshalb ich gegen die Buchpreisbindung bin.

Buchhändler kaufen schweizer Bücher im Ausland ein

© Benjamin Thorn / pixelio.de
Mit der Buchpreisbindung wollen die Buchhändler verhindern, dass Konsumentinnen und Kosumenten günstigere Bücher aus dem Ausland bestellen. Sie selber finden die günstigsten Lieferanten nicht selten in Deutschland.

Einen Artikel per Mausklick bei einem ausländischen Händler bestellen und Geld sparen. Was im Internetzeitalter völlig normal geworden ist, soll für Bücher nicht mehr möglich sein. Ausländische Buchhändler müssen Bücher zu hiesigen Preisen verkaufen, der Kunde spart nichts.

Umsatzstarke Buchhändler selber kaufen aber nicht etwa grundsätzlich beim schweizer Verlag oder Zwischenhändler ein. Warum auch? Im Ausland sind die Bücher günstiger zu haben. So werden Bücher von schweizer Autoren aus schweizer Verlagen zum Zwischenhändler in Deutschland gekarrt, um dann wieder mit einem ganzen Schwarm von Lieferwagen an Buchhändler in der Schweiz zu verteilen. Lieferwagen sind deshalb nötig, weil diese mitten in der Nacht losfahren müssen, um die Buchhändler in der Schweiz im Laufe des Morgens zu erreichen. Wegen des Nachtfahrverbots für den Schwerverkehr können deshalb keine LKWs eingesetzt werden.

Nur die kleinen Buchhändler sind gezwungen, in der Schweiz einzukaufen, weil sie beim deutschen Lieferanten zu wenig Umsatz generieren und deshalb nicht beliefert werden.

Es ist das Recht jedes Kaufmanns, einen Artikel dort einzukaufen, wo er am günstigsten zu haben ist. Es passt aber nicht zum Robin-Hood-Image, das sich Buchhändler geben wollen, wenn sie uns verbieten, im Ausland günstig einzukaufen, um Buchhandlungen (und damit Arbeitsplätze in der Schweiz) zu sichern, selber aber die schweizer Lieferanten umgehen.

Ich habe viele Jahre im Buchhandel (Zwischen- und Endhandel) gearbeitet. Ich kenne das Geschäft und weiss deshalb, weshalb ich gegen die Buchpreisbindung bin.

Autoren haben nichts von der Buchpreisbindung

© Katharina Scherer / pixelio.de
Wer glaubt, mit der Buchpreisbindung einheimische Autoren zu fördern, ist naiv, kennt das Geschäft nicht - oder beides. Die Buchpreisbindung hilft einzig und alleine den Buchhändlern. Nicht dem Konsumenten und nicht den Autoren.

Buchpreisbindung bedeutet, dass ein bestimmtes Buch einen vom Verlag festgesetzten Verkaufspreis hat. Dem Buchhändler ist es verboten, ein Buch günstiger anzubieten, als es der Verlag vorschreibt. Einzig Mengenrabatte sind erlaubt, aber auch hier sind die Rabattstufen vorgeschrieben: Ab 10 Bücher des gleichen Titels sind 5% Rabatt vorgesehen, ab 20 Bücher 10%, ab 50 Bücher 12.5% und ab 100 Bücher 15%. Es sind also faktisch nur Schulen, die von Rabatten profitieren können. 

Die Buchpreisbindung schreibt aber nicht vor, dass ein Buchhändler eine bestimmte Quote einheimischer oder junger Autoren führen muss. Ein geschäftstüchtiger Buchhändler wird in seinem Sortiment deshalb primär Bestseller führen. Wer aber primär Stephen King, Donna Leon und Harry Potter (letzterer ist kein Autor, ich weiss) führt, fördert keine jungen Autoren. Das ist kein böser Wille der Buchhändler, sie müssen dies tun. Nur wer das anbietet, was der Kunde kauft, wird langfristig überleben.


Die Buchpreisbindung schreibt auch nicht vor, dass ein bestimmter Mindestanteil am Verkaufspreis direkt zum Autor geht (was ja letztlich Kulturförderung wäre).

Die Befürworter der Buchpreisbindung argumentieren damit, dass die Bestseller ohne Preisbindung im Vergleich zu "Nischentiteln" ungleich günstiger sind. - 'Ja und?', frage ich. Wenn ich einen frischen Egli aus dem Bodensee will, kostet dieser auch mehr als Fischstäbchen. Jeder mündige Konsument weiss das. - Und er ist bereit, für ein spezielles Produkt mehr zu bezahlen.

Die einzigen, die von der Buchpreisbindung profitieren, sind die Buchhändler. Sie sind es auch, am vehementesten dafür einstehen. Die Buchpreisbindung fördert nicht junge Autoren, sondern schreibt den Buchhändlern vor, dass Sie Massenware zu einem bestimmten Preis verkaufen "müssen". Es wird ihnen verboten, sich über den Preis zu konkurrenzieren. Etwas schöneres kann sich kein Gewerbetreibender vorstellen.

Ich habe viele Jahre im Buchhandel (Zwischen- und Endhandel) gearbeitet. Ich kenne das Geschäft und weiss deshalb, weshalb ich gegen die Buchpreisbindung bin.